ÖGB-Föger-Kalchschmied zum neuen Regierungsprogramm
Gute Initiativen, aber auch verpasste Chancen
„Das Programm bietet zahlreiche gute Zukunftsperspektiven, sorgt für soziale Absicherung und setzt wichtige Impulse für Beschäftigung und Wirtschaft“, kommentiert Tirols geschäftsführende ÖGB-Landesvorsitzende Sonja Föger-Kalchschmied das gestern präsentierte Regierungsprogramm der zukünftigen Bundesregierung. Sie sieht darin zahlreiche Gewerkschaftsforderungen umgesetzt, allerdings habe man auch Chancen verpasst beispielsweise in Bezug auf eine faire Verteilung der Steuerlasten. Aus Tiroler Sicht sind für die Gewerkschafterin besonders die Deckelung der Mieten und die geplanten Maßnahmen zur Eindämmung der Teuerung zu begrüßen: „In einem Hochpreisland wie Tirol sind solche Initiativen bitter nötig!“
„Erleichtert“ zeigt sich Föger-Kalchschmied, dass nicht nur ausgabenseitig gespart werde, sondern mit dem Konjunkturpaket sehr wohl auch Investitionen zur Ankurbelung der Wirtschaft vorgesehen sind. Vor allem der Arbeitsmarkt dürfte auf lange Sicht von der geplanten Aufstockung der AMS-Fördermittel profitieren. „Gerade in Zeiten steigender Insolvenzen ist jede Investition in die Qualifizierung von Arbeitnehmer:innen ein Beitrag zu mehr Jobsicherheit. Das ‚Älterenbeschäftigungspaket‘ soll älteren Beschäftigte mehr Absicherung garantieren und gleichzeitig dafür sorgen, dass sie länger gesund im Job bleiben können – damit ist eine langjährige Gewerkschaftsforderung erfüllt und ein wichtiger Schritt gegen Altersarmut gesetzt!“, zeigt sich die Tiroler ÖGB-Chefin erfreut. Als „entscheidenden Schritt hin zu einer zukunftsfähigen Arbeitswelt“ bezeichnet sie die Möglichkeit zu Pilotprojekten unter Einbeziehung der Betriebsrät:innen, beispielsweise zur 4-Tage-Woche. Bei der geplanten Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Penionist:innen fordert Föger-Kalchschmied allerdings Ausnahmen für niedrige Pensionen.
Soziale Absicherung und Gesundheitsreform notwendig
Die Stärkung der sozialen Infrastruktur ist ebenfalls ein zentrales Element des neuen Regierungsprogramms. „Mit den Deckelungen bei Wohnen und Energiekosten werden wichtige Schritte zur Bekämpfung der Teuerung gesetzt, die vor allem für unser von enorm hohen Lebenserhaltungskosten geprägtes Bundesland wichtig sind. Besonders am Herzen liegt mir die anvisierte Kindergrundsicherung, die Kinderarmut bis 2030 halbieren soll!“ Die geplante Stärkung der Gesundheitsversorgung – indem man unter anderem auch Wahlärzt:innen stärker in die Pflicht nimmt – sowie die Personaloffensive in der Pflege sind ebenfalls langjährige Gewerkschaftsforderungen. „Ich erwarte mir in diesen Bereichen so rasch wie möglich konkrete Schritte und deutliche Verbesserungen für die Beschäftigten, vor allem in Bezug auf Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen und die Anerkennung der Tätigkeit als Schwerarbeit“, fordert Föger-Kalchschmied ein und weiter: „Der Begriff des Gesundheits- und Pflegebereichs muss auch endlich die so wichtige Behindertenarbeit umfassen. Wir müssen endlich wegkommen von diesem Zwei-Klassen-System!“.
Zweites Kindergartenjahr ein wichtiger Schritt zur Wahlfreiheit
Auch im Bildungsbereich sieht Föger-Kalchschmied gute Ansätze. Kindergärten sollen einheitliche Qualitätsstandards und kleinere Gruppen bekommen, für das Personal sind diverse Maßnahmen bei Aus- und Weiterbildung geplant. Ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr soll eingeführt werden – „ein weiterer Schritt zu mehr Wahlfreiheit von Müttern!“. An Schulen soll es mehr Autonomie geben und mehr Ganztagsangebote geben, dafür weniger Bürokratie.
Dass wie vielfach moniert wenig sogenannte „Leuchtturmprojekte“ enthalten sind, sieht Föger-Kalchschmied nicht als Problem: „Wir brauchen jetzt eine profunde Budgetkonsolidierung und ein Wirtschafts- und Arbeitsmarktprogramm, das unsere Konjunktur ankurbelt. Das sehe ich im vorliegenden Programm berücksichtigt und vor allem: Mit diesem positiven Impuls können wir aktiv gegen die derzeit weit verbreitete negative Grundstimmung ansteuern!“
Kritik an Lohnnebenkostenplänen
Wenig abgewinnen kann die Gewerkschafterin allerdings dem angekündigten Schrauben an den Lohnnebenkosten: „Das ist eine Entlastung für Unternehmen, die letztlich die Arbeitnehmer:innen finanzieren werden. Da wäre eine Vermögenssteuer der wesentlich fairere Weg gewesen!“ Positiv sei, dass Banken und Energieunternehmen nun zur Budgetkonsolidierung beitragen müssen.