Zum Hauptinhalt wechseln

Gewerkschaft GPA Tirol: Pflege-, Sozial- und Betreuungsbereich dreht sich im Kreis

Protestierende forderten Pflegezuschuss für alle, Schwerarbeiterregelung und Entlastungswoche.

Einmal mehr protestierten heute (Donnerstag) zahlreiche Beschäftigte aus dem Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich in Innsbruck für bessere Rahmenbedingungen. Primäre Forderungen sind die Einstufung ihrer Tätigkeit als Schwerarbeit, die Einführung einer „Entlastungswoche“ und dass künftig wirklich alle Beschäftigten Anspruch auf den sogenannten „Pflegezuschuss“ haben. Um ihre Anliegen endlich Gehör zu verschaffen, marschierten die Protestierenden durch den Kreisverkehr bei der Innsbrucker Olympiaworld – „Wir drehen uns seit Jahren im Kreis, es geht einfach zu wenig weiter!“, erklärt Ralf Wiestner, stv. Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft GPA Tirol, die Symbolik.

Obwohl der Pflege- und Betreuungsnotstand in aller Munde ist, bleibt die Politik Maßnahmen zu echten Verbesserungen schon lange schuldig. „Berechnungen zufolge werden bis zum Jahr 2030 werden rund 100.000 Pflegekräfte in Österreich fehlen. Es ist also allerhöchste Zeit, endlich für gute Arbeitsbedingungen in diesem Bereich zu sorgen!“, verweist Wiestner auf die Dringlichkeit des Gewerkschaft-Anliegens. Auch eine Online-Befragung der Arbeiterkammer unter 4.000 Beschäftigten im Sozialbereich untermauert den Änderungsbedarf: Demnach überlegen zwei Drittel der Angestellten in der sozialen Arbeit einen Jobwechsel, zudem arbeiten 60% der Befragten mehr, als in ihrem Vertrag vorgesehen ist. „Diese Alarmsignale dürfen nicht ungehört verhallen! Schon jetzt kämpft die gesamte Branche mit massivem Personalmangel. Umso wichtiger sind bessere strukturelle Rahmenbedingungen, damit Vollzeitjobs mit Betreuungspflichten vereinbar sind. Wir benötigen zudem dringend einheitliche Regelungen, die die Kompetenzen von Sozialarbeiter:innen regeln“, so Wiestner.

Vor allem für eine Gleichbehandlung aller Mitarbeiter:innen setzt sich Sonja Föger-Kalchschmied, Betriebsratsvorsitzende der Lebenshilfe Tirol, ein: „Es ist absolut unverständlich, warum der Zuschuss nur für einzelne Bereiche gilt. Nach wie vor geht durch die Teams massive Frustration, diese ‚Zwei-Klassen-Gesellschaft‘ bei den Mitarbeiter:innen ist für uns definitiv nicht nachvollziehbar!“ Seit Einführung des Zweckzuschusses in der Pflege sorgt der Zuschuss für Kritik, denn nur rund die Hälfte der Beschäftigten ist anspruchsberechtigt. Die andere Hälfte geht – trotz gleicher Tätigkeit – leer aus.

„Das ist nur ein Beispiel von vielen, wo die Beschäftigten im Pflege-, Sozial- und Betreuungsbereich einfach nicht gehört werden. Vor allem der Behindertenbereich bekommt entschieden zu wenig Aufmerksamkeit. Wir arbeiten seit Jahren am absoluten Limit, die Belastungsgrenze ist längst überschritten! Wie oft sollen wir noch auf die Straße gehen, bis es endlich weitreichende Verbesserungen gibt?“, fragt Föger-Kalchschmied in Richtung Bundesregierung. Die Einstufung der Tätigkeiten als generelle Schwerarbeit wäre hier ein enorm wichtiger Schritt, diese würde unter anderem einen früheren Pensionsantritt ermöglichen. Aktuell ist es für die Beschäftigten aufgrund der häufigen 12-Stunden-Schichten kaum möglich, die erforderlichen 15 Schwerarbeitstage pro Monat zu erreichen. Eine generelle Einstufung als Schwerarbeit würde hier Abhilfe schaffen. „Es gibt Berufe, die psychisch an die Substanz gehen und andere, die körperlich extrem anstrengend sind. Unsere Tätigkeit bringt beides mit sich“, untermauert Föger-Kalchschmied ihr Anliegen.

Als im Mai 2022 von der Bundesregierung eine angebliche Pflegereform präsentiert wurde, war die Entlastungswoche eine große Versprechung. Doch einmal mehr sind einige Beschäftigte davon ausgeschlossen – unter anderem Heimhilfen, oder jene, die mittels Kollektivvertrag bereits eine 6. Urlaubwoche haben. „Die Entlastungswoche steht dabei symptomatisch für die Politik der Bundesregierung in Pflege-Fragen. Obwohl im Mai 2022 eine große Pflegereform für Herbst desselben Jahres angekündigt worden war, kam: Wenig bis Nichts. Viele warten nach wie vor auf die versprochene zusätzliche Freizeit. Dabei wären mehr Erholungsphasen vom anstrengenden Arbeitsalltag dringend notwendig!“, fordert auch Robert Senn, Betriebsratsvorsitzender der Innsbrucker Soziale Dienste (ISD) weitere Verbesserungen.

Die Gewerkschaft GPA fordert weiters kürzere Arbeitszeiten, eine faire Bezahlung unter anderem mindestens 1.700 Euro brutto Einkommen für Praktikant:innen und generell bessere Arbeitsbedingungen.