Pflegekarenz - Pflegekarenzgeld
Sofern das Arbeitsverhältnis ununterbrochen bereits 3 Monate gedauert hat, kann der oder die Arbeitnehmer:in schriftlich eine Pflegekarenz gegen Entfall des Arbeitsentgelts zum Zwecke der Pflege, Betreuung eines/einer nahen Angehörigen (im Sinne des §14a AVRAG) verlangen, sofern diese:r Pflegegeld der Pflegestufe 3 (Bescheid!) bezieht. Während dieser Zeit besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, jedoch ein Anspruch auf einkommensabhängiges Pflegekarenzgeld (mindestens aber die gesetzliche Geringfügigkeitsgrenze von 518,44 Euro; Stand 01.01.2024). Dieses kann maximal für 6 Monate beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen beantragt werden.
Bei demenziell erkrankten Patienten ist eine Pflegekarenz zulässig ab einer Pflegestufe 1 bei Antritt der Pflegekarenz. Nach Antritt der Pflegekarenz ist die Vereinbarung einer Pflegeteilzeit für dieselbe zu betreuende Person nicht mehr zulässig.
Die schriftliche Vereinbarung hat Beginn und Dauer von mindestens 1 bis höchstens 3 Monate zu enthalten und darf grundsätzlich nur einmal (!) pro zu betreuenden nahen Angehörigen geschlossen werden und kann nur einmal um maximal 3 Monate verlängert werden. Bei der Vereinbarung ist auf die betrieblichen Interessen und die Interessen des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin Bedacht zunehmen. (Interessenabwägung!) Der zuständige Betriebsrat ist auf Verlangen des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin den Verhandlungen beizuziehen. Im Falle einer wesentlichen Erhöhung des Pflegegeldes zumindest um eine Pflegestufe ist eine einmalige Verlängerung zulässig.
Hat der oder die Arbeitnehmer:in eine Pflegekarenz bereits angetreten, ist die Vereinbarung einer Pflegeteilzeit für dieselbe zu betreuende Person unzulässig.
Der oder die Arbeitnehmer:in darf die vorzeitige Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit verlangen
- nach Aufnahme in die stationäre Pflege oder Betreuung in Pflegeheimen
- der nicht nur vorübergehenden Übernahme der Pflege und Betreuung durch eine andere Betreuungsperson sowie
- wenn der nahe Angehörige verstirbt.
Die Rückkehr darf frühestens zwei Wochen nach Meldung des Eintritts der im ersten Satz genannten Gründe erfolgen.
Bei Berechnung von Abfertigung alt und Urlaubsersatzleistung ist das für den letzten Monat vor Freistellung gebührende Entgelt zu Grunde zu legen.
Zeiten von einschlägigen Freistellungen bleiben für dienstzeitabhängige Ansprüche außer Betracht wobei Sonderzahlungen und Urlaubsansprüche aliquotiert werden.
Auch bei befristetem Dienstverhältnis in einem Saisonbetrieb ist die Vereinbarung einer Pflegekarenz von mindestens 1 Monat bis höchstens 3 Monate zulässig, sofern das befristete Dienstverhältnis ununterbrochen 2 Monate gedauert hat und jeweils vor dem Antritt einer Pflegekarenz eine Beschäftigung zum selben Arbeitgeber im Ausmaß von mindestens 3 Monaten liegt. (Innerhalb einer Rahmenfrist von 4 Jahren ab Antritt der Pflegekarenz sind kürzere Beschäftigungszeiten zum selben Arbeitgeber zum Erreichen des Mindesterfordernisses von 3 Monaten zusammen zu rechnen.)
NEU (gilt erst ab 1.1.2020) Rechtsanspruch auf Pflegekarenz
Ab 1.1.2020 haben Arbeitnehmer:innen in Betrieben mit mehr als 5 Arbeitnehmer:innen, welche die Voraussetzungen für die zulässige Vereinbarung einer Pflegekarenz erfüllen (siehe oben), einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz von zumindest zwei Wochen. Während dieses Zeitraumes können Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber die Verlängerung der Pflegekarenz vereinbaren. Kommt innerhalb der zwei Wochen keine Vereinbarung über die Verlängerung der Pflegekarenz zustande, besteht ein weiterer Anspruch auf eine Pflegekarenz im Ausmaß von weiteren zwei Wochen. Kommt es auch innerhalb dieses Zeitraumes zu keiner Vereinbarung über eine Verlängerung, endet der Rechtsanspruch und damit auch die Pflegekarenz spätestens nach 4 Wochen.
Voraussetzung für die Geltendmachung des Rechtsanspruches auf Pflegekarenz ist eine Mitteilung über den beabsichtigten Beginn einer Pflegekarenz. Auch bei der Geltendmachung des Anspruchs ist eine Mindestbeschäftigungsdauer des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin von 3 Monaten Voraussetzung und kann nur begehrt und allenfalls vereinbart werden, wenn die Pflege und Betreuung eines nahen Angehörigen, dem Pflegestufe 3 gebührt, beabsichtigt ist. Auf Verlangen sind dem Arbeitgeber die Pflegebedürftigkeit zu bescheinigen und die Angehörigeneigenschaft glaubhaft zu machen.
Aufgrund des Rechtsanspruches verbrachte Zeiten der Pflegekarenz sind auf die gesetzlich mögliche Dauer der vereinbarten Pflegekarenz von maximal drei Monaten anzurechnen. Endet die Pflegekarenz ohne Abschluss einer Vereinbarung über die Verlängerung, steht dies dem späteren Abschluss einer Vereinbarung über die Pflegekarenz im noch offenen Ausmaß nicht entgegen.
Der oder die Dienstnehmer:in, der Pflegekarenz in Anspruch nimmt bzw vereinbart hat, hat einen besonderen Motiv- Kündigungsschutz, jedoch keinen besonderen Bestandschutz wie im Mutterschutzgesetz oder Väter-Karenz-Gesetz.
Ab 01.11.2023 hat die Arbeitgeber:in eine Ablehnung oder Aufschiebung der Pflegekarenz sachlich und schriftlich zu begründen.
Im Falle einer Kündigung im Zusammenhang mit einer Inanspruchnahme von Pflegekarenz ist über ein schriftliches Verlangen der Arbeitnehmer:in binnen 5 Kalendertagen ab Zugang der Kündigung und binnen weiteren 5 Kalendertagen ab dem Zugang des Verlangens von der Arbeitgeber:in eine schriftliche Begründung ab zugegeben. Der Umstand, dass keine schriftliche Begründung abgegeben wurde, ändert nichts an der Rechtswirksamkeit der Kündigung. Eine Kündigung in diesem Zusammenhang kann nach Prüfung der Sachlage wegen Motiv innerhalb sehr kurzer Fristen gerichtlich angefochten werden. Bitte wende dich in so einem Fall umgehend an deine Gewerkschaft!
Ebenso gilt für Pflegekarenzen ab 01.11.2023, dass die vom Ablauf von gesetzlichen, kollektivvertraglichen und vertraglichen Verjährungs-und Verfallsfristen betroffenen Ansprüche, die die Arbeitnehmer:in zu Beginn der Pflegekarenz bereits erworben hat, bis zum Ablauf von zwei Wochen nach der Freistellung gehemmt sind. Das bedeutet, dass alle offene Ansprüche vor der Freistellung innerhalb von zwei Wochen nach Ende der Freistellung bei der Arbeitgeber:in, am besten schriftlich aus Beweiszwecken, geltend zu machen sind, anderenfalls der Anspruch untergeht. Diese sogenannte „Ablaufhemmung“ gilt auch für die Sterbebegleitung gemäß § 14 a AVRAG und für die Begleitung schwersterkrankter Kinder gemäß § 14 b AVRAG.