Licht und Schatten im Pensionssystem
Das Pensionssystem steht gut da, aber Frauenpensionen sind zu gering
Zunächst die gute Nachricht: Das österreichische Pensionssystem steht auf stabilen Grundlagen. Obwohl sowohl die Zahl der Menschen im Pensionsalter als auch die Lebenserwartung steigt, ist die Finanzierbarkeit in den letzten Jahren verbessert worden. Denn für die Pensionsversicherung ist nicht die Zahl der Jungen und Alten entscheidend, sondern eine andere Relation: wie viele Menschen beschäftigt sind und Beiträge einzahlen und wie viele Menschen Leistungen beziehen. Und hier hat sich die Situation in den letzten 20 Jahren entspannt.
Während im Vergleich zum Jahr 2000 heute um 24 Prozent mehr über 60-jährige auf Menschen im Erwerbsalter kommen, ist die Zahl der PensionistInnen zu den BeitragszahlerInnen um 7 Prozent gesunken. Das ist deswegen möglich gewesen, weil die Beschäftigung viel schneller wächst als die Zahl der PensionstInnen. Die neuesten Zahlen zeigen es auf: von 2017 auf 2018 stieg die Beschäftigung um 2,81 Prozent und die Zahl der Pensionen nur um 1,07 Prozent.
Auch das Pensionsalter ist in den letzten 10 Jahren stark angestiegen
Der beste Weg ein nachhaltig finanzierbares und leistungsfähiges Pensionssystem zu schaffen, das die Menschen im Alter ausreichend absichert, ist die Beschäftigung zu erhöhen. Leistungskürzungen und ein automatisches Anheben des Pensionsalters sind hingegen der falsche Weg, denn sie erhöhen die Finanzierbarkeit um den hohen Preis, dass das Pensionssystem seinen Zweck nicht mehr erfüllt: die Menschen im Alter gut abzusichern.
Die wirkliche Pensionslücke: Differenz zwischen Frauen und Männerpensionen
Und genau bei dieser Frage sieht man, dass das Pensionssystem für Männer besser funktioniert als für Frauen: Während Frauen im Schnitt 1.292 Euro Pension beziehen, erhalten Männer im Schnitt 2.268 Euro. Frauen haben im Schnitt etwas mehr als die Hälfte einer Männerpension (57 Prozent).
Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf: Die dramatischen Unterschiede in der Pensionshöhe haben zwei Ursachen. Die Höhe der Pension steigt mit dem Einkommen und der Dauer der Beschäftigung: wer länger und höher einzahlt, bekommt mehr Pension. Frauen verdienen viel weniger als Männer: weil sie viel häufiger Teilzeit arbeiten, aber auch pro Stunde liegt der Bezahlungsunterschied bei 20 Prozent. Frauen leisten viel mehr unbezahlte Arbeit als Männer. Rechnet man bezahlte und unbezahlte Arbeit zusammen, haben Frauen längere Arbeitszeiten als Männer, aber wesentlich weniger des Einkommens.
Der Teilzeitanteil ist mit 60 Prozent am höchsten bei Frauen zwischen 35 und 45 Jahren. Und genau in dieser Altersgruppe liegt der Teilzeitanteil bei den Männern nur bei 7 Prozent! Bei Frauen steigt die Teilzeit ab 30 Jahren stark an, während sie bei Männern zurückgeht. Ursache ist fast immer die ungleiche Aufteilung der Betreuungsarbeit zwischen Vätern und Mütter. Interessant sind die Unterschiede in der Teilzeitquote zwischen den Bundesländern. Gerade in ländlichen Regionen mit weniger Kinderbetreuungseinrichtungen und frühen Schlusszeiten ist die Teilzeitquote besonders hoch. Ohne besserem Angebot an Betreuungseinrichtungen und einer faireren Verteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit kann man die Pensionslücke bei den Frauen nicht schließen.
Während in Wien nur 0,5 Prozent der Kindertagesheime um 15 Uhr oder früher schließen, sind es österreichweit 22 Prozent und in Tirol und Vorarlberg fast die Hälfte.
Dementsprechend ist die Teilzeitquote von Frauen mit Kindern unter 15 Jahren in Wien mit Abstand am geringsten und in Tirol und Vorarlberg am höchsten.
Aus Sicht der GPA-djp muss es österreichweit ganztätig geöffnete Kinderbildungseinrichtungen und Ganztagesschulen geben.
Einkommensunterschiede abbauen
In sehr vielen Kollektivverträgen haben die Gewerkschaften durchgesetzt, dass Karenzzeiten für Ansprüche, die sich nach der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses richten, angerechnet werden. Das betrifft etwa Vorrückungen, Urlaubsdauer, Dauer der Entgeltfortzahlung bei Krankenständen oder Kündigungsfristen. Das ist ein Beitrag zur Reduzierung der Einkommensunterschiede.
Der sogenannte „Gender Pay Gap“, der die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen bei den Stundenverdiensten misst, lag in Österreich 2017 bei 19,9 Prozent. Das ist im internationalen Vergleich ein sehr hoher Wert. EU weit lag er bei 16 Prozent.
Aber zumindest der Trend stimmt. In den letzten 10 Jahren konnte der Einkommensunterschied bei den Stundenverdiensten von 25 auf 20 Prozent reduziert werden. Dazu haben Gewerkschaften durch die stärkere Anhebung der geringeren Gehälter und die Anrechnung der Karenzzeiten beigetragen. So lange aber jede 2. Frau Teilzeit arbeitet und nur jeder 10. Mann, werden sich die Pensionshöhen nicht angleichen. Hier müssen die Rahmenbedingungen geändert werden, so dass Frauen und Männer arbeiten gehen können. Kürzere Normalarbeitszeiten und ein besseres Betreuungsangebot sind dazu notwendige Schritte. Dann ist unser Pensionssystem nicht nur stabiler, sondern auch fairer!