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EU-Kommissionsprogramm 2025: Viele Versprechen, wenig Konkretes für Arbeitnehmer:innen

Schmuttel / pixelio.de

Die EU-Kommission hat ihr Arbeitsprogramm für 2025 vorgestellt - unter dem vielversprechenden Titel „Eine gewagtere, einfachere und schnellere Union“. Zum ersten Mal seit 2019 enthält ein Kommissionsarbeitsprogramm keine einzige neue Sozialgesetzgebung. Im Gegensatz dazu sind acht neue Gesetzesinitiativen zur „Vereinfachung“ von Vorschriften geplant. 

Die wichtigsten Vorhaben

Insgesamt plant die Kommission 51 neue Initiativen. Im Zentrum steht ein „Clean Industrial Deal“, der den Weg zu 90 Prozent Emissionsreduktion bis 2040 ebnen soll. Weitere Schwerpunkte sind eine neue Verteidigungsstrategie, verschärfte Regeln bei Abschiebungen und ein Aktionsplan für leistbare Energie. Auch eine Strategie für den Wohnungsbau wird angekündigt.

Leerstelle: Soziales und Beschäftigung

Besorgniserregend ist das völlige Fehlen neuer Sozialgesetzgebung - zum ersten Mal seit 2019. Zwar verspricht die Kommission einen neuen Aktionsplan zur Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte. Dieser bleibt aber unverbindlich. Auch die angekündigte „Union of Skills“ zur Förderung von Weiterbildung sowie eine „Quality Jobs Roadmap“ bringen keine konkreten Maßnahmen. Sie bleiben ohne damit verbundene Gesetzesinitiativen unverbindlich.

Kritische Entwicklungen für Arbeitnehmer:innen

In Zeiten massiver Umbrüche durch Digitalisierung und Klimawandel wären verbindliche Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten dringend nötig. Stattdessen drohen:

  • Fehlende Unterstützung bei notwendiger Weiterbildung
  • Keine konkreten Pläne gegen steigende Lebenshaltungskosten
  • Mangelnder Schutz vor Arbeitsplatzverlust durch den Übergang zur digitalen und grünen Wirtschaft
  • Keine Stärkung von Kollektivvertragssystemen, die einer der wichtigsten Hebel gegen Lohn- und Sozialdumping sind

Schwieriger Verbraucher:innenschutz im „vereinfachten“ Binnenmarkt

Im Verlauf des Jahres 2025 will die Kommission eine neue Binnenmarktstrategie vorlegen. Sie soll Verbraucher:innen schützen, ohne die Unternehmen mit Bürokratie zu überlasten. Der auch hier merkbare Fokus auf Vereinfachung birgt die Gefahr, dass wichtige Qualitätsstandards geschwächt werden. Das schadet nicht nur Konsument:innen und Arbeitnehmer:innen, sondern auch jenen Unternehmen, die bereits hohe Standards bieten und das weiterhin tun wollen.

Wohnbau als versprochene Priorität fehlt

In einem durchgesickerten Entwurf des Arbeitsprogramms waren erste Maßnahmen im Rahmen der versprochenen umfassenden Wohnbaustrategie vorgesehen. Das drängende Problem der steigenden Wohnkosten in Europa betrifft vor allem Arbeitnehmer:innen und noch mehr sozial schwache Personen. In der finalen Version fehlt dieser wichtige Punkt. 

Verteidigung von Leerstellen: „Das machen wir später“

Kommissar Šefčovič, der dem Europäischen Parlament zum Programm Rede und Antwort stand, verteidigte die zahlreichen Leerstellen damit, dass es sich lediglich um das erste von fünf Jahresprogrammen der neuen EU-Kommission handle. Faktisch hat er damit zwar recht, was er aber nicht sagt: Der „Ton“ des ersten Jahresprogramms einer Kommission wird in der Regel auch in den Folgejahren fortgesetzt.

Fazit 

Die europäischen Gewerkschaften werden die Umsetzung des Arbeitsprogramms kritisch begleiten, und zwar durch Gespräche und Kampagnen sowie Demonstrationen und andere Maßnahmen. Klar ist: Der Schutz von Beschäftigten und guten Arbeitsplätzen muss eine Priorität im „Clean Industrial Deal“ sein. Ein sozial gerechter Übergang zur klimaneutralen Wirtschaft braucht verbindliche gesetzliche Vorgaben:

  • Eine rechtsverbindliche Absicherung der Europäischen Säule sozialer Rechte
  • Ein EU-weites Recht auf bezahlte Weiterbildung
  • Konkrete Schritte gegen prekäre Beschäftigung und für faire Löhne
  • Eine echte soziale Wohnbaustrategie statt leerer Versprechen