KI-Gipfel in Paris: Gewerkschaften fordern Mitbestimmung bei KI-Einführung
Ohne Mitbestimmung der Beschäftigten wird die KI-Transformation nicht gelingen.
Beim internationalen KI-Aktionsgipfel in Paris haben sich Mitte Februar Staatsoberhäupter, Gewerkschaften, Unternehmensvertreter:innen und KI-Expert:innen getroffen, um die gesellschaftlichen Auswirkungen Künstlicher Intelligenz zu diskutieren. Die Botschaft der Gewerkschaften ist eindeutig: Ohne Mitbestimmung der Beschäftigten wird die KI-Transformation nicht gelingen.
Massive Veränderungen für Arbeitnehmer:innen erwartet
Die Dimension der bevorstehenden Veränderungen ist gewaltig: Laut World Economic Forum werden in den nächsten fünf Jahren etwa 8 Prozent aller Arbeitsplätze durch KI wegfallen. Besonders betroffen sind Büro- und Verwaltungstätigkeiten. Insgesamt wird sich etwa ein Viertel aller Jobs grundlegend wandeln – sei es durch Wegfall, substanzielle Neuerungen im Arbeitsablauf oder den Einstieg in neue Berufe.
Gewerkschaften fordern verbindliche Regeln
„Die Zukunft der Arbeit, geprägt von Digitalisierung und KI, ist unausweichlich. Aber die Ergebnisse sind nicht vorherbestimmt“, betonte Eric Manzi vom Internationalen Gewerkschaftsbund ITUC auf dem Gipfel. Zentrale Forderungen der Gewerkschaften sind:
- Verbindliche Einbindung der Beschäftigten und ihrer Vertretungen bei der Einführung von KI am Arbeitsplatz
- Keine Untergrabung bestehender Arbeitnehmer:innenrechte durch KI
- Menschliche Kontrolle statt automatisierter Entscheidungen bei Personalfragen und anderen wichtigen Angelegenheiten
- Internationale Gesetzgebung zum Schutz der Beschäftigten
Risiken für Beschäftigte gehen über Jobverlust hinaus
Die Gefahren von KI am Arbeitsplatz sind vielfältig: Neben dem drohenden Stellenabbau berichten Beschäftigte von verstärkter digitaler Überwachung, erhöhtem Arbeitsdruck durch KI-gesteuerte Leistungskontrolle und der Gefahr von Diskriminierung durch automatisierte Entscheidungssysteme. Besonders problematisch: Viele Unternehmen setzen KI-Systeme ein, ohne die Beschäftigten darüber zu informieren oder in deren Gestaltung einzubeziehen.
Erfahrungen aus Call-Centern sind erschreckend: KI-Systeme überwachen dort nicht nur Gesprächsinhalte, sondern auch Tonfall, Sprechgeschwindigkeit und Pausenzeiten der Beschäftigten. In der Lagerwirtschaft steuern Algorithmen die Arbeitsabläufe und setzen Beschäftigte unter ständigen Zeitdruck. Auch im Bürobereich droht durch KI-gestützte Überwachungssysteme ein „gläserner Mitarbeiter“.
Organisiert Schaden abwenden und Fortschritte erreichen
Dass Arbeitnehmer:innen gemeinsam mehr erreichen können, zeigen erfolgreiche Beispiele: In Deutschland haben Beschäftigte im Telekom-Sektor Vereinbarungen zur KI-Nutzung ausgehandelt, die Privatsphäre und psychische Gesundheit schützen. In den USA konnten Kulturschaffende 2023 durch Streiks Schutzklauseln bei KI-Einsatz durchsetzen.
Fortschrittliche Unternehmen setzen auf Dialog
Über 70 Unternehmen haben auf dem Gipfel eine Vereinbarung für vertrauenswürdige KI unterzeichnet. Sie verpflichten sich damit zu einem verantwortungsvollen KI-Einsatz in enger Abstimmung mit den Beschäftigten. Die Unterzeichner:innen erkennen an, dass die Einbindung der Arbeitnehmer:innen nicht nur deren Rechte schützt, sondern auch die erfolgreiche Implementierung von KI-Systemen fördert. Konkret zugesagt wurden regelmäßige Konsultationen mit Gewerkschaften, umfassende Weiterbildungsprogramme und transparente Kommunikation über geplante KI-Anwendungen.
Breite Unterstützung für klare Regeln in Europa
Eine aktuelle EU-Umfrage mit 26.000 Befragten zeigt die überwältigende Unterstützung für eine Regulierung von KI am Arbeitsplatz. 82 Prozent fordern Regeln zum Schutz der Privatsphäre, 77 Prozent wollen Mitbestimmung bei der Einführung neuer Technologien. Besonders interessant: In Ländern mit starker Sozialpartnerschaft berichten Beschäftigte deutlich häufiger von positiven Erfahrungen mit KI-Systemen.
Der Weg zu einer fairen KI-Transformation
Die Weichen für den KI-Einsatz in der Arbeitswelt werden jetzt gestellt. Die Zusagen der Unternehmen auf dem Pariser Gipfel sind ein wichtiger erster Schritt. Entscheidend wird sein, dass diese Versprechen in verbindliche Vereinbarungen münden: durch Kollektivverträge auf Branchen- und Betriebsebene, durch gesetzliche Regelungen zum Schutz der Beschäftigten und durch starke Mitbestimmungsrechte bei der Einführung von KI-Systemen. Nur so kann die digitale Transformation im Interesse aller gestaltet werden.