Arbeitnehmer:innenrechte als zentrale Stütze der europäischen Demokratie
Europa nach der Wahl 2024: Unsere Prioritäten aus Gewerkschaftssicht
Europa nach der Wahl 2024: Das sind unsere Prioritäten aus Gewerkschaftssicht
Bereits im Vertrag von Maastricht ist festgelegt, dass die Europäische Union unter anderem das Ziel verfolgt, die Lebens- und Arbeitsbedingungen ihrer Bürger:innen zu verbessern. Doch Jahre der Austeritätspolitik, Angriffe auf hochwertige Arbeitsplätze und die sich immer weiter öffnende Schere zwischen arm und reich, haben rechten Parteien in Europa einen Nährboden für ihr Unwesen geschaffen.
Demokratische Parteien dürfen jetzt nicht den Fehler begehen, Kompromisse mit menschenverachtenden und arbeitnehmer:innenfeindlichen Populist:innen einzugehen.
Gewerkschaftsmission unverändert: Gute Arbeitsbedingungen
„Diese Entwicklung bedeutet nichts Gutes für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, kommentiert Wolfgang Katzian, Präsident des ÖGB und des EGB. Es fehlt ja nicht an Beispielen dafür, was rechte Regierungen, etwa in Finnland oder in Ungarn, an sozialen Einschnitten und Reformen zum Nachteil auch von Gewerkschaften planen oder bereits durchgesetzt haben.
„Unser Ziel bleibt klar: Wir setzen uns weiterhin unermüdlich für die Rechte und das Wohl aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein. Unsere Mission ist unverändert. Jetzt ist es an der Zeit, unsere Kräfte zu bündeln und neue Strategien zu entwickeln, um in Zukunft noch stärker und geeinter aufzutreten. Die Arbeit geht weiter!“, so Katzian.
Der Rechtsruck in Europa kann daher nur eingehegt werden, wenn die Rechte von Arbeitnehmer:innen gestärkt und ausgebaut werden – in den (europäischen) Betriebsräten, in den Gewerkschaften und allen anderen politischen Gremien.
Ökonomische und soziale Unsicherheiten bekämpfen
Wir brauchen eine EU, die Armut bekämpft und hochwertige Arbeitsplätze schafft. Zu vielen Menschen fehlt es am Grundlegendsten – in Österreich sind etwa 1,1 Millionen von Lebensmittelarmut betroffen. Neuerliche Sparpolitik würde nur auf Kosten unserer Kolleg:innen in Österreich und dem Rest Europas ausgetragen werden.
Es ist höchste Zeit, den gescheiterten Ansatz der freien Marktwirtschaft aufzugeben und auf ein wirklich soziales Europa zu setzen, das für alle funktioniert, indem es faire und gut entlohnte Arbeit für alle ermöglicht. Fortschritte der vergangenen Jahre, wie die Mindestlohnrichtlinie oder die Lohntransparenzrichtlinie, müssen weiterverfolgt und ausgebaut werden.
Sozialdumping muss endlich wirksam unterbunden werden, unter anderem, indem öffentliche Aufträge in der EU nur noch an Unternehmen vergeben werden, die kollektivvertragliche Löhne zahlen. Nur mit derartigen Maßnahmen kann das Wohlstandsgefälle in Europa langsam abflachen und es kann endlich unter fairen Konkurrenzbedingungen – und nicht auf dem Rücken von Arbeitnehmer:innen – gewirtschaftet werden.
Die politische Teilhabe von Arbeitnehmer:innen in ihren Interessenvertretungen muss gefördert und abgesichert werden. Dazu braucht es rechtliche Rahmenbedingungen, für die sich Gewerkschaften in ganz Europa einsetzen.
Faire Steuern für einen gerechten Wandel
Die Europäische Union muss alles in ihrer Macht Stehende tun, um die grüne und digitale Transformation sozial gerecht zu gestalten. Es muss sichergestellt sein, dass Arbeitnehmer:innen vom gesellschaftlichen Wandel nicht bedroht werden, sondern mit diesem in hochwertige und nachhaltige Arbeitsplätze in ihrer Region übertreten können. Um derartige Maßnahmen auch finanziell zu ermöglichen, müssen endlich auch Reiche und Konzerne fair besteuert werden und damit den lange ausstehenden Beitrag zu einer friedlichen, solidarischen und gerechten Gesellschaft leisten, auf die wir alle angewiesen sind.
Zukunft braucht Sozialpartnerschaft
Ein Europa, in dem nach besseren Lebensbedingungen und demokratischer Teilhabe für alle gestrebt wird, braucht einen stabilen sozialpartnerschaftlichen Dialog. Dieser ist die Grundlage für einen fairen Interessensausgleich und sicheren Frieden – und nicht zuletzt für einen hochwertigen und innovativen Wirtschaftsstandort. Als Gewerkschafter:innen fordern wir daher, dass auch die EVP, der aufgrund der gegebenen Mehrheitsverhältnisse eine besondere Rolle zukommt, die Bedürfnisse aller arbeitenden Menschen ernst nimmt und priorisiert. Andernfalls wird sich auch die Lage in Österreich verschärfen und die Arbeitnehmer:innen werden den Preis dafür bezahlen.