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Belgiens Haushaltssanierung auf Kosten von Arbeitnehmer:innen: Gewerkschaften mobilisieren

Im Februar 2025 wurde die neue belgische Regierung, angeführt vom Rechtspopulisten Bart de Wever von den flämischen Nationalisten (N-VA) angelobt. Sie plant Einschnitte bei Arbeitnehmer:innenrechten, Pensionen und Sozialleistungen.

Boudewijn Huysmans / Unsplash

Belgische Gewerkschaften: Massive Attacke auf Arbeitnehmer:innenrechte

Die belgischen Gewerkschaften erkennen in den Regierungsplänen einen schweren Angriff auf die Rechte von Arbeitnehmer:innen – manche vergleichen das Programm sogar mit der Politik Margaret Thatchers in den 1980er Jahren, die zur Ikone arbeitnehmer:innenfeindlicher Politik wurde.

Im Zentrum stehen:

  • Einschränkung der Lohnentwicklung durch flexible Indexanpassung und Fortsetzung der Deckelung von kollektiv verhandelten Löhnen
  • Drastische Verschärfungen im Pensionssystem
  • Kürzungen des Arbeitslosengeldes

EU-Defizitverfahren angedroht

Im Juni 2024 hatte die Europäische Kommission ein Verfahren wegen übermäßiger Verschuldung gegen Belgien eingeleitet und die Regierung aufgefordert, das Haushaltsdefizit um mindestens 0,5 % des BIP zu senken. Auch Österreich steht vor der Herausforderung, sein Defizit senken zu müssen. Wie genau eine Regierung ihr Budget sanieren soll, schreibt die EU-Kommission allerdings nicht vor.

Die belgische rechtspopulistische Regierung hat ihre Antwort darauf gefunden: Die Beschäftigten sollen den Großteil der Last schultern.

Beschäftigte sollen Einsparungen finanzieren

Von den insgesamt 23 Milliarden Euro Einsparungen bis 2029 entfallen 12,8 Milliarden auf Kürzungen bei Arbeitnehmer:innen und in der Sozialversicherung.

Die Regierung setzt gleichzeitig auf Entlastungen für Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von bis zu 2 Milliarden Euro. Die geplante Besteuerung von Kapitalgewinnen wurde im Laufe der Koalitionsverhandlungen stark verwässert und mit zahlreichen Ausnahmen versehen.

Besonders betroffen: Frauen, Geringverdienende, prekär Beschäftigte

Die Sparmaßnahmen treffen besonders vulnerable Gruppen. Frauen werden durch die Verschärfungen im Pensionssystem, die die Anrechnung von Dienstjahren erschweren, die Abschaffung des Ehegattensplittings sowie die Rücknahme von Steuerentlastungen für kinderreiche Familien mehrfach benachteiligt.

Kranke und Arbeitssuchende werden unter Generalverdacht gestellt und sehen sich mit signifikanten Einschnitten in Kranken-, Arbeitslosengeld und Pensionsansprüche konfrontiert. Der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt wird dadurch grundlos erschwert.

Immigrant:innen werden durch geringere Schutzrechte am Arbeitsmarkt sowie restriktive soziale Unterstützung einer hohen Gefahr für prekäre Arbeit und Ausbeutung ausgesetzt, womit man Lohndumping vorprogrammiert.

Von "Vereinfachung" und Trägheit bei Nachhaltigkeitszielen

Auch die inzwischen europaweit bekannten Klassiker von "Vereinfachung" und Verwässerung von Klima- und Nachhaltigkeitszielen finden sich im Programm der "Arizona"-Regierung.

Nach den Wahlen am 9. Juni dauerte es fast acht Monate, bis in Belgien eine Regierung zustande kam. Das liegt an der föderalen Struktur, also dass sich politische Parteien aus den verschiedenen Regionen auf ein gemeinsames Programm einigen müssen. An der Spitze der Regierung stehen die flämischen Nationalisten (N-VA). Gestützt wird sie von der liberalen Partei aus der Wallonie (MR), den Christdemokraten aus beiden Landesteilen sowie den flämischen Sozialdemokraten. Die Parteifarben - Gelb, Orange, Blau und Rot - finden sich in der Flagge des US-Bundesstaates, weswegen die Regierung „Arizona-Regierung“ genannt wird.

Sie ordnet sich damit in die aktuelle Politik von Ursula von der Leyen ein, die Verwaltung vermeintlich straffen will und dabei in Kauf nimmt, dass es nicht Verwaltungsaufwand ist, der reduziert wird, sondern die Rechte von Beschäftigten. Sehenden Auges scheint man auch die Dringlichkeit der Klimakrise vergessen zu haben.

Nicht zuletzt wie die Rechtspopulist:innen in den USA greift auch die belgische Politik insbesondere Beschäftigte im öffentlichen Dienst an.

Lautstarker Protest gegen Sozialabbau & Generalstreik am 31. März

Seit Bekanntwerden der Pläne, unter anderem durch Leaks bereits vor dem Jahreswechsel, wird lautstark protestiert. Am 13. jedes Monats waren zehntausende Menschen gemeinsam mit dem belgischen Gewerkschaftsbund auf den Straßen, um ihren Unmut gegen den geplanten Sozialabbau kundzugeben. Zusätzlich kommt es zu weiteren Streiks in einzelnen Sektoren, etwa der Eisenbahn.

Für den 31. März wurde bereits ein landesweiter Generalstreik angekündigt.