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Die neue Kommission unter Begutachtung

Anfang November geht es los mit den inhaltlichen Hearings der Kommissionskandidat:innen. Nachdem alle die erste Hürde der finanziellen Interessenskonflikte nehmen konnten, arbeiten wir EU-Abgeordneten intensiv an den Fragestellungen, um die Fachkompetenz festzustellen und unsere Prioritäten klarzustellen.

Luiza Puiu

Der erste Teil des Verfahrens hat allerdings bereits - erneut - aufgezeigt, dass wir als Europäisches Parlament nur beschränkt agieren können. Denn nur Informationen von den Kandidat:innen direkt dürfen zur Prüfung kommen. Öffentlich bekannte oder vermutete Interessenskonflikte oder Unvereinbarkeiten können somit nicht berücksichtigt werden. Das gilt es zu ändern!

Auch im politischen Abtausch zur Organisation des Verfahrens haben sich die neuen politischen Verhältnisse sehr deutlich gezeigt: die frühere Koalition aus Konservativen, Liberalen, Sozialdemokratie, Grünen und Linken wurde ersetzt durch eine der Konservativen mit Rechts und Rechtsextrem zu Lasten demokratischer Prinzipien. Es wird sich zeigen, inwiefern diese neue Realität sich auch in den inhaltlichen Anhörungen widerspiegelt.

Als Europäerin ist es mir vor diesem Hintergrund natürlich besonders wichtig, dass wir die Kandidat:innen - egal von welcher Partei - inhaltlich genau prüfen. Denn sie müssen in den nächsten Jahren einige horizontale Krisen (Klima, Inflation, etc.) und langstehende Herausforderungen (z.B. Gleichstellung) bewältigen.

Als Gewerkschafterin ist ganz klar die Befragung der künftigen Beschäftigungskommissarin besonders interessant. Der Kandidatin, eine sozialdemokratische Rumänin, werden wir daher deutlich machen, dass sie nicht nur auf die Umsetzung der kürzlich erreichten Gesetzgebung (Lohnschere schließen durch Lohntransparenz, Lohn- und Sozialdumping eindämmen mit den EU-Mindestlöhnen, Plattformarbeit regulieren, etc.) ganz genau schauen muss, sondern, dass wir in den Bereichen öffentliche Auftragsvergabe, Subunternehmerketten, Armut und psychosoziale Belastungen ebenso wie beim Recht auf Nichterreichbarkeit und der Kindergarantie (in Österreich als Kindergrundsicherung bekannt) etwas weiterbringen. Beschäftigung muss ganz oben auf der Tagesordnung stehen und auch im Namen des Portfolios explizit vorkommen. Der aktuelle Vorschlag von der Leyens für das Portfolio ist viel zu vage („Fachkräfte, Kompetenzen und Vorsorge“). Auch hier gilt: wir wollen präzise arbeiten und Kerninhalte benennen.

Und auch im Thema Wohnen werden wir erstmals größere Schritte anstreben. Hier ist viel zu tun: Mieten sind seit 2019 im Schnitt um ein Viertel gestiegen. Kaufpreise um die Hälfte. Löhne aber nicht. Leistbares Wohnen als Grundrecht ist noch lange keine Realität. Hier muss der künftige Energie- und Wohnkommissar, ein sozialdemokratischer Däne, einiges an Vorschlägen zu den Bereichen Eindämmung der Spekulation, Leerstand, Kurzzeitvermietungen, und Förderung von (kommunalen) Bauprojekten, Klimaanpassungen, etc. liefern.

Damit kommen wir auch sehr stark in den Bereich der finanziellen Themen. Diese sind breit aufgeteilt auf mehrere Kommissar:innen. Grundsätzlich ein neues Merkmal: die Zuständigkeiten sind sehr überlappend, womit die Präsidentin künftig gestärkt sein wird.

Es wird also nochmal spannend!