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EBR-Richtlinie: Das Bohren harter Bretter

Starke Europäische Betriebsräte (EBRs) sind eine wichtige Säule der demokratischen Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Dafür braucht es nicht nur Engagement und Kooperationsbereitschaft, sondern auch eine solide rechtliche Grundlage. Die aktuelle EBR-Richtlinie hat aber einige Schwächen. Die Europäische Kommission sah dennoch keine Notwendigkeit, eine Überarbeitung zu starten.

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Daher bauten die europäischen Gewerkschaften politischen Druck auf und legten nach jahrelanger Vorarbeit und sorgfältiger Auswertung der bisherigen Erfahrungen bereits 2022 einen umfassenden Forderungskatalog mit zehn konkreten Verbesserungsvorschlägen vor. Das war nur eine von vielen Etappen.

Widerstand der Arbeitgeberverbände

Die Arbeitgeberverbände zeigten sich verschlossen gegenüber Anpassungen der Richtlinie. Im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) argumentierten sie beispielsweise, die bestehende Richtlinie funktioniere gut und eine Revision sei nicht notwendig. Dass allein schon die vielen technischen Neuerungen seit der letzten Richtlinienbearbeitung berücksichtigt werden sollten, kümmerte dabei wenig.

Damit war die beste Option einer Lösung vom Tisch: Eine Vereinbarung der Sozialpartner:innen, die der EU-Kommission vorgelegt wird.

Unterstützung aus dem Europäischen Parlament

Unterstützung für die Arbeitnehmer:innen kam insbesondere vom Europäischen Parlament, das sich 2021 in einem Bericht unter der Federführung von Gabriele Bischoff (S&D) zur Demokratie am Arbeitsplatz für eine Stärkung von EBRs aussprach.

Starkes Engagement kam vom Europaabgeordneten Dennis Radtke (EVP), der außerdem Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA) ist. Auf seiner Initiative beruhte die Aufforderung des Europäischen Parlaments an die Kommission im Februar 2023, in Sachen EBR-Richtlinie tätig zu werden.

Druck wirkt: Kommission legt 2024 Entwurf vor

Erst durch den Einsatz der Gewerkschaften und in weiterer Folge des Europäischen Parlaments lenkte die Kommission ein und kündigte einen Entwurf für die Revision der Richtlinie an. Im Jänner 2024 wurde dieser nach einer Konsultation der europäischen Sozialpartner:innen vorgelegt.

Er enthielt bereits einige Verbesserungen, eine Reihe an Problemen blieb aber offen. Die europäischen Gewerkschaften haben weiter lobbyiert.

Zittern um positive Abstimmung im Plenum

Nach intensiven Verhandlungen konnte sich der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments auf eine Position zum Kommissionsentwurf einigen. Die Abstimmung Ende Dezember 2024 zeigte jedoch die politischen Gräben: Während 300 Abgeordnete für den Text stimmten, lehnten ihn 254 ab - darunter alle österreichischen FPÖ- und ÖVP-Abgeordneten. Die Delegationen von SPÖ und Grünen unterstützten das Vorhaben, die NEOS-Abgeordneten enthielten sich.

Nächster Schritt: Trilog-Verhandlungen ab Februar 2025

Der nächste wichtige Schritt sind nun die Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Rat der EU und Kommission – also jenen drei EU-Institutionen, die gemeinsam EU-Gesetze verabschieden. In diesen Verhandlungen müssen die drei Institutionen einen gemeinsamen Text finden. Die meisten Mitgliedsstaaten haben sich bereits eher skeptisch zu den progressiven Vorschlägen des Parlaments geäußert. Die Verhandlungen dürften also schwierig werden.

Zentrale Forderungen der Gewerkschaften

Die europäischen Gewerkschaften setzen sich weiterhin für substanzielle Verbesserungen ein. Zentrale Forderungen sind unter anderem eine klarere Definition länderübergreifender Angelegenheiten, bessere Unterrichtungs- und Anhörungsrechte sowie wirksamere Sanktionen bei Verstößen gegen die EBR-Rechte. Das Ziel ist klar: Die EBR sollen gestärkt werden, um die Interessen der Beschäftigten bei wichtigen Unternehmensentscheidungen besser vertreten zu können - sei es bei Restrukturierungen, Digitalisierungsprozessen oder Maßnahmen zum Klimaschutz.

Ausgang offen

Der Ausgang der Verhandlungen ist noch offen. Eine Stärkung der Europäischen Betriebsräte ist dringend notwendig, um die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen in multinationalen Unternehmen zu verbessern. Nur so können die aktuellen Herausforderungen rund um Klimakrise und Digitalisierung bewältigt werden.