EBR-Richtlinie: Revision in Arbeit
Europäische Gewerkschaften haben basierend auf 30 Jahren EBR-Erfahrung Forderungen zur Überarbeitung der Richtlinie formuliert. Auf u.a. dieser Grundlage forderte das Europäische Parlament 2023 die EU-Kommission zur Überarbeitung der EBR-Richtlinie auf.
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA)
Als beratendes EU-Gremium hat der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) am 30. Mai 2024 eine Stellungnahme zum Kommissionsvorschlag für eine neue EBR-Richtlinie abgegeben. Sophia Reisecker, Leiterin der Abteilung Europa, Konzerne und Internationales der Gewerkschaft GPA, ist EWSA-Mitglied und -Berichterstatterin in dieser Angelegenheit. Sie beurteilt den Vorschlag vorsichtig positiv: „Der Vorschlag beinhaltet eine Reihe wichtiger Klarstellungen für Europäische Betriebsrät:innen. Einige Unklarheiten und Lücken, wie zum Beispiel die Abdeckung von Franchisemodellen müssen noch behoben werden. Dafür setzen wir uns jetzt ein.“
Die wichtigsten Punkte im Kommissionsvorschlag
- Begriffliche Schärfungen für „länderübergreifend“, „rechtzeitig“ und „vertraulich“
- Wirksame und verhältnismäßige Sanktionen: Sanktionen bei Nichteinhaltung der EBR-Rechte sollen verhältnismäßig sein und auf maßgeblichen Kriterien basieren. Dies soll sicherstellen, dass die Sanktionen wirksam und hinreichend abschreckend sind.
- Stärkung der EBR-Ressourcen: Verbesserte Mittelbereitstellung durch Unternehmen, Finanzierung von Schulungen, Begleitung durch die Gewerkschaft und Berater:innen
- Bestehende Vereinbarungen: Alle bisherigen Vereinbarungen sollen von der neuen Richtlinie erfasst sein, auch solche, die „freiwillig“ geschlossen wurden und bisher „rechtsfrei“ sind.
- Regelmäßige Sitzungen: Häufigere Sitzungen (min. 2x jährlich) und verpflichtende begründete Antworten der Unternehmensleitung auf Stellungnahmen des EBR
- Blockaden erschweren: Wenn die Unternehmensleitung nicht innerhalb von sechs Monaten ein Treffen des „besonderen Verhandlungsgremiums“ (BVG) ermöglicht, soll der „EBR kraft Gesetz“ automatisch wirksam werden.
- Schutz von EBR-Mitgliedern: Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen oder Entlassung in Zusammenhang mit EBR-Arbeit
Darüber hinaus empfiehlt der EWSA:
- Themenfeld erweitern: Themen wie Investitionen, Aus- und Weiterbildung, Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Datenschutz und Klimawandel und weitere zum inhaltlichen Aufgabenbereich des EBR zählen
- Umsetzung evaluieren: Expertengremium zur Evaluierung der Umsetzung der EBR-Richtlinie
- Geltungsbereich erweitern: Ausweitung der Richtlinie auf Unternehmen in Franchise- oder Lizenzvereinbarungen
- Gerichtliche Verfügung als Werkzeug: Ausweitung des Rechts auf eine gerichtliche Verfügung, damit eine vorübergehende Aussetzung der Maßnahme des Unternehmens erwirkt werden kann, bis die Rechte des EBR aus Konsultation und Anhörung vollständig gewährt wurden
Arbeitgeber:innen auf der Bremse
Eine gemeinsame Stellungnahme im EWSA ist jedoch nicht gelungen. Die Arbeitgeber:innen vertraten den Standpunkt, dass deine Revision der EBR-Richtlinie nicht notwendig sei und der Kommissionsvorschlag die Arbeit verkomplizieren würde.
Viele ihrer Positionen sind schlicht kontrafaktisch. Die mit diesen Änderungen einhergehenden Kosten bewegen sich laut Berechnungen der EU-Kommission für betroffene Unternehmen im vernachlässigbaren Bereich. Ein starker und fachlich kompetenter EBR stellt einen verlässlichen Gesprächspartner für die Unternehmensleitung dar und trägt zur produktiven Zusammenarbeit bei. Rechtssicherheit erhöht die Zufriedenheit von Arbeitnehmer:innen und somit die Qualität ihrer Arbeit.
Ausblick
Bis auf weiteres gilt die bestehende Richtlinie. Bis zur Gültigkeit der neuen Richtlinie können Jahre vergehen – 2027 wird als frühestmögliches Datum angesehen. Es gibt daher jetzt noch keine Verpflichtung, die hier diskutierten Punkte umzusetzen.
Dein EBR wird aktuell (neu) verhandelt? Wir beraten euch, wie ihr die aktuelle Diskussion rund um die neue Richtlinie für euch und euren EBR nutzen könnt!