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ITUC Global Rights Index 2024

Arbeitnehmer:innenrechte weltweit unter Druck: Der kürzlich veröffentlichte Global Rights Index 2024 des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB/ITUC) zeichnet ein alarmierendes Bild der weltweiten Arbeitnehmer:innenrechte und unterstreicht die dringende Notwendigkeit einer starken Gewerkschaftsbewegung.

ITUC

Der ITUC Global Rights Index kurz erklärt

Der Global Rights Index ist die einzige umfassende Bewertung von Arbeitnehmer:innenrechten weltweit. Er bewertet 151 Länder anhand von 97 Indikatoren, die auf internationalen Arbeitsstandards basieren. Die Länder werden auf einer Skala von 1 bis 5+ eingestuft, wobei 1 die beste Bewertung darstellt („sporadische Verletzungen von Rechten“) und 5+ die schlechteste („keine Garantie von Rechten aufgrund des Zusammenbruchs der Rechtsstaatlichkeit“). Die untersuchten Länder reichen von Industrienationen wie Deutschland und Japan über Schwellenländer wie Brasilien und Indien bis hin zu Staaten des Globalen Südens in Afrika und Asien. Die Daten werden durch sorgfältige Dokumentation von Rechtsverletzungen und Interviews mit Gewerkschaften vor Ort erhoben. Das macht den Index zu einem zuverlässigen und unerlässlichen Instrument für die Bewertung und den Schutz von Arbeitnehmer:innenrechten global.

Globale Herausforderungen

Der Bericht zeigt besorgniserregende Trends auf:

  • In 87% der untersuchten Länder wurde das Streikrecht verletzt.
  • 79% der Staaten behinderten Kollektivvertragsverhandlungen.
  • In 75% der Länder wurde Beschäftigten das Recht verweigert, Gewerkschaften zu gründen oder ihnen beizutreten.
  • In 65% der Staaten hatten Arbeitnehmer:innen keinen oder nur eingeschränkten Zugang zur Justiz.
  • In sechs Ländern wurden insgesamt 22 Gewerkschafter:innen getötet.

Internationale Fallbeispiele: Bangladesch und Peru

Die Situation in Bangladesch, einem der am schlechtesten eingestuften Länder, verdeutlicht die Dramatik: Im Juli 2024 eskalierten Proteste gegen ein umstrittenes Quotensystem für Regierungsjobs. Mindestens 19 Menschen kamen bei gewaltsamen Auseinandersetzungen ums Leben. Die Regierung reagierte mit drastischen Maßnahmen: Öffentliche Versammlungen in der Hauptstadt Dhaka verboten. Besonders alarmierend war die gezielte Gewalt gegen Studierende und Gewerkschafter:innen. 

In Peru riefen Gewerkschaften zu einem landesweiten Streik auf, um die Wiederherstellung der Demokratie und die Achtung grundlegender Menschen- und Arbeitnehmer:innenrechte zu fordern. Die anhaltende politische und wirtschaftliche Krise hat die Arbeitnehmer:innen besonders hart getroffen. 2022 wurden 49 Demonstranten getötet, ohne dass es zu einer Aufklärung kam. 

Europa: Weitere Verschlechterung verhindern

Trotz eines vergleichsweise guten Niveaus verzeichnet Europa seit 2014 den stärksten Rückgang aller Weltregionen. Der durchschnittliche Wert verschlechterte sich von 1,84 auf 2,73 - ein deutliches Zeichen dafür, dass das europäische Sozialmodell von Regierungen und Unternehmen aktiv demontiert wird: So etwa in Finnland, wo die rechtsgerichtete Regierung laufend Angriffe auf das Sozialmodell unternimmt und die Gewerkschaften mit historischen Protesten reagieren.

Lichtblicke durch gewerkschaftliches Engagement und politischen Willen

Doch es gibt auch Lichtblicke: Rumänien und Brasilien konnten ihre Einstufungen seit dem letzten Jahr um jeweils einen Grad verbessern. In Rumänien (von 4 auf 3) zeigte eine Gewerkschaftskampagne zur Rückabwicklung eines Gesetzes aus dem Jahr 2011, dass das rumänische Kollektivvertragssystem nachhaltig schädigte, Erfolge. Dieses sogenannte „Gesetz zum sozialen Dialog“ war 2011 von der mitte-rechten Regierung unter anderem als Ergebnis der Troika-Auflagen zur Sparpolitik beschlossen worden. Außerdem wurde das Streikrecht ausgebaut und abgesichert und ein neuer Kollektivvertrag für Straßenarbeit/Straßenbau wurde abgeschlossen.

In Brasilien hatte sich die Einstufung seit der Machtübernahme durch die Partei Brasilianische Demokratische Bewegung im Jahr 2016 drastisch verschlechtert. Im Jahr 2017 fiel der Wert von 2 auf 4 und lag ab 2017 bei 5 („Keine Garantie von Rechten“). 2024 konnte mit konkreten Maßnahmen der Regierung der Partei der Arbeiter:innen unter Präsident Lula eine Verbesserung auf 4 erreicht werden. Der Dialog zwischen Arbeitnehmer:innen, Arbeitgeber:innen und der Politik wurde wiederhergestellt und der ständige Dreierausschuss neu eingerichtet – zuvor abgeschafft unter Jair Bolsonaro von der liberalen Partei, der auch als lateinamerikanischer Donald Trump bekannt ist.

Am 29. September in Österreich mitbestimmen!

Auch in Österreich wird in zwei Monaten am 29. September eine wichtige Entscheidung für Arbeitnehmer:innenrechte getroffen. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass Arbeitnehmer:innen die ihnen zustehende Priorität bekommen!