Moderne Gewerkschaftsarbeit: repräsentativ, datenbasiert, zielgerichtet
Auf der UNI Europa Konferenz berichtet die stellvertretende Vorsitzende der GPA, Sandra Steiner über Strategie und Erfolge am Beispiel IT: durch Vielfalt im Verhandlungsteam, gezielte Kommunikation und datenbasierte Arbeit werden wichtige Verbesserungen für Beschäftigte erreicht.
Repräsentative Präsenz aufbauen, die Beschäftigte erreicht
Die Digitalisierung lässt den IT-Sektor stetig wachsen, daher ist es entscheidend, dass Gewerkschaften in diesem Bereich ebenfalls präsent sind und wachsen.
In dieser Branche, die als männerdominiert gilt, hat die GPA ihren Weg bewusst gewählt: Frauen wurden gezielt ins KV-Verhandlungsteam geholt. Nur so kann sichergestellt werden, dass die aktuellen Interessen aller Beschäftigten möglichst gut berücksichtigt werden.
Mit Daten Ungerechtigkeiten aufdecken und beseitigen
Im Rahmen eines Projekts, das die GPA mit dem European Power and Organising Centre (EPOC) von UNI Europa durchführte, wurden Beschäftigte im IT-Sektor nach ihren Arbeitsbedingungen und der Entlohnung befragt. Dabei zeigte sich, dass Frauen bei Gehaltserhöhungen überdurchschnittlich häufig übergangen wurden. Tatsächlich hatten Arbeitgeber:innen bis dahin die Möglichkeit, für 10% der über dem Mindestlohn bezahlten Beschäftigten Lohnerhöhungen zu verweigern – und Frauen waren in dieser Gruppe deutlich überrepräsentiert.
Im Rahmen der darauffolgenden KV-Verhandlungen konnten klare Verbesserungen erreicht werden – nicht zuletzt aufgrund intensiver Medienarbeit.
Herausforderungen identifizieren und gezielt angehen
In der österreichischen IT-Branche gibt es eine große Bandbreite von Unternehmen – von Kleinstbetrieben bis hin zu internationalen Konzernen. Diese Vielfalt spiegelt sich auch im unterschiedlichen Organisationsgrad der Betriebe wider. Es ist daher eine komplexe Aufgabe, alle Bedürfnisse angemessen zu berücksichtigen.
Um dem zu begegnen wurde das GPA-Verhandlungsteam diverser aufgestellt – nicht nur was die Geschlechter betrifft, sondern auch hinsichtlich der Unternehmensgröße. Das ermöglicht es, unterschiedliche Bedürfnisse zu erkennen und zu vertreten.
Das Ergebnis: echte Verbesserungen
Bei den IT-Kollektivvertragsverhandlungen 2023 erhielten Beschäftigte mit den niedrigsten Löhnen eine 17-prozentige Gehaltserhöhung, während diejenigen über dem sektoralen Mindestlohn einen Anstieg von 7,7% verzeichneten. Diese Verbesserungen kamen rund 65.000 Beschäftigten zugute.
Der Erfolg gibt der Strategie recht: Moderne Gewerkschaftsarbeit muss dort stattfinden, wo die Beschäftigten sind, und alle Stimmen müssen bei Verhandlungen repräsentiert sein.
Europäische Gewerkschaftsbewegung im Wandel
Dieser österreichische Ansatz steht im Kontext einer europaweiten Erneuerung gewerkschaftlicher Strategien, wie auf der UNI Europa Konferenz deutlich wurde. Wie Gewerkschaftsarbeit zeitgemäß und erfolgreich sein kann, damit beschäftigen sich auch die finnische Gewerkschaft PAM (Dienstleistungssektor) und die irische Gewerkschaft FSU (Finanz). Es zeigt sich: Genauso wie die Mitglieder einer Gewerkschaft muss auch die Strategie immer wieder neu aufgestellt werden.
Verschiedene Wege, gemeinsame Ziele
Die Beispiele aus Österreich, Finnland und Irland zeigen, dass moderne Gewerkschaftsarbeit vielfältige Ansätze verfolgt – von datenbasierter Analyse über strukturelle Transformation bis hin zu gezielter Mitgliedergewinnung. Gemeinsam ist allen der Fokus auf Repräsentation, strategische Kommunikation und die Bereitschaft, traditionelle Muster zu durchbrechen, um den Herausforderungen einer sich wandelnden Arbeitswelt gerecht zu werden.