Spotify: Klingt bitter
Der schwedische Streaming-Gigant Spotify sorgt derzeit für Unmut: Statt mit Gewerkschaften über Nachtarbeit zu verhandeln, verlagert das Unternehmen lieber Arbeitsplätze ins Ausland. Ein Lehrstück darüber, wie ein Tech-Konzern versucht, gewerkschaftliche Mitbestimmung zu umgehen.
Worum geht es?
Spotify wollte 250 Beschäftigte in Schweden auch zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens arbeiten lassen - für „systemrelevante“ Wartungsarbeiten. Wir erinnern uns: Als „systemrelevant“ gelten üblicherweise Branchen wie Gesundheit, Transport, Schulen, Energie, Ernährung, öffentliche Verwaltung. Das schwedische Arbeitsschutzgesetz verbietet grundsätzlich Nachtarbeit. Ausnahmen gibt es nur für gesellschaftlich unverzichtbare Dienste.
Musikstreaming ist kein Notfalldienst
Die schwedische Arbeitsschutzbehörde und das Verwaltungsgericht haben Spotifys Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung abgelehnt. Die Begründung: Musikstreaming sei kein unverzichtbarer Dienst, der nächtliche Wartungsarbeiten rechtfertige. Zwar argumentierte Spotify mit Cybersecurity und dem Schutz von Nutzerdaten, das Gericht erkannte darin aber vor allem wirtschaftliche und nicht gesellschaftlich zwingende Gründe.
Flexibilität ja - aber nicht einseitig
Die Entwicklung zeigt exemplarisch, wie Tech-Unternehmen Arbeitsschutzstandards aufweichen wollen. Während Spotify bei der Wahl des Arbeitsortes („work from anywhere“) Flexibilität großschreibt, sollen die Beschäftigten bei den Arbeitszeiten nach der Pfeife des Unternehmens tanzen. Den Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer:innen bezeichnet eine Unternehmenssprecherin als „veraltete Bürokratie“.
Die gewerkschaftliche Alternative
Die Gewerkschaften Unionen und Engineers of Sweden haben Spotify eine Lösung angeboten: Über einen Kollektivvertrag könnte Nachtarbeit geregelt werden - mit fairen Bedingungen und Schutzbestimmungen für die Beschäftigten. Doch statt zu verhandeln verlagert Spotify lieber Arbeitsplätze ins Ausland.
Gewerkschaftsforderung: Kollektivvertrag
„Die meisten anderen Unternehmen in Schweden haben einen flexibleren Weg gewählt. Sie verhandeln mit ihren Beschäftigten und schließen Kollektivverträge ab“, kritisieren Alexander Häger (Engineers of Sweden) und Jonas Sundberg (Unionen) die Blockadehaltung des Unternehmens. Die internationale Dienstleistungsgewerkschaft UNI Global Union, der auch die Gewerkschaft GPA angehört, unterstützt die schwedischen Kolleg:innen in ihrer Forderung.
Es geht auch anders
Der Fall zeigt: Es braucht ausgewogene Lösungen. Kollektivverträge bieten den rechtlichen Rahmen, um betriebliche Notwendigkeiten und Arbeitnehmer:innenschutz in Einklang zu bringen. Dass Spotify diesen Weg verweigert und stattdessen Arbeitsplätze verlagert, klingt nicht nur bitter - es ist auch ein Armutszeugnis für ein Unternehmen, das sich gerne als moderner Arbeitgeber präsentiert.