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Wir verzichten nicht!

Heißer Kollektivvertrags-Herbst

Gewerkschaft GPA, Edgar Ketzer

Am 25. September fand die Forderungsübergabe für die Beschäftigten der Metallindustrie statt. Dieser Termin gilt traditionell als Auftakt für die Herbst-Lohn- und Gehaltsrunden.

Die GPA verhandelt in diesem Herbst für hunderttausende Beschäftigte die Gehaltserhöhung. Neben der Metallindustrie geht es um die Gehaltserhöhung für ca. 430.000 Angestellte im Handel und 130.000 Beschäftigte der österreichischen Sozialwirtschaft (privater Gesundheits- und Pflegebereich). Die heurigen Verhandlungen finden unter besonders schwierigen Rahmenbedingungen statt. Zur anhaltend hohen Inflationsrate gesellt sich nun eine Eintrübung der Wirtschaft. Ein Lohn- und Gehaltsverzicht wäre jedoch eine völlig verkehrte Antwort.

Eine der höchsten Inflationsraten im Euroraum

Österreich hat mit 6,1 % im September im Euroraum-Vergleich eine der höchsten Inflationsraten. Einer der Gründe dafür liegt in den hohen Energiepreisen, welche sich durch die gesamte Wirtschaft verbreiten und aktuell vor allem Lebensmittel, Dienstleistungen und Wohnkosten verteuern. Die rollierende Inflation des vergangenen Jahres lag für die Metallindustrie bei 9,6 %, was als Verhandlungsbasis für die KV-Verhandlungen gilt.

Die österreichische Regierung hat sich, trotz vieler kritischer Stimmen dafür entschieden, fast ausschließlich durch Direktzahlungen die Auswirkungen der Inflation zu bekämpfen und nicht bei deren Entstehung anzusetzen. Damit bleibt die hohe Belastung durch die Inflation weiterhin aufrecht. „Hätte die Bundesregierung stärker auf warnende Stimmen gehört und Vorschläge ernst genommen, unter anderem auf jene der Gewerkschaften, dann wären die Voraussetzungen für die Lohn- und Gehaltspolitik um einiges einfacher. Es werden aber sicher nicht die Arbeitnehmer:innen sein, die die Fehler der Politik nun ausbaden“, sagt GPA-Vorsitzende Barbara Teiber.

Es werden sicher nicht die Arbeitnehmer:innen sein, die die Fehler der Politik nun ausbaden.

Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA

Viele Unternehmen konnten die inflationsbedingten Kostensteigerungen an die Kund:innen weiter geben und ihre Gewinne in den letzten Jahren stark erhöhen. „Es wäre absurd, wenn nun ausgerechnet die Arbeitnehmer:innen jene Gruppe sind, bei denen nun als erstes ein Deckel nach oben bei Löhnen und Gehältern eingezogen wird. Die Teuerung des letzten Jahres muss abgegolten werden, alles andere wäre ein mehr als schlechtes Geschäft für die unselbständig Beschäftigten“, so Teiber.

Stagnierende bzw. sinkende Realeinkommen wären nicht nur für jeden Einzelnen eine nicht zumutbare Belastung, sondern auch in Zeiten eines drohenden wirtschaftlichen Abschwunges fatal und kontraproduktiv. Diverse Vorschläge für eine neue Form der Lohnfindung wie das ausschließliche Heranziehen der heimischen Wertschöpfung (BIP-Deflator) oder das Verlängern der Laufzeiten auf 2 Jahre würden zu Lasten der Beschäftigten gehen.

Nun auf jährliche Verhandlungen zu verzichten, würde uns die Möglichkeit nehmen auf die tatsächlichen Gegebenheiten der Wirtschaft und der Preisentwicklung flexibel einzugehen.

Karl Dürtscher, Chefverhandler der Gewerkschaft GPA

„Nun auf jährliche Verhandlungen zu verzichten, würde uns die Möglichkeit nehmen auf die tatsächlichen Gegebenheiten der Wirtschaft und der Preisentwicklung flexibel einzugehen. Seit jeher ist die solidarische Lohnpolitik an der Inflation und der Produktivitätssteigerung des vergangenen Jahres orientiert. Diese Vorgehensweise ist geübt und gibt den Unternehmen Planungssicherheit“, legt sich der Chefverhandler der GPA, Karl Dürtscher, fest.

Auch das Absenken der Lohnnebenkosten ist ein unbrauchbares Instrument, die Inflation zu bekämpfen. Für die Arbeitnehmer:innen bringt eine Lohnnebenkostensenkung nicht mehr Einkommen, sondern schlechtere Leistungen und eine Gefährdung des Sozialstaates. Mit den Lohnnebenkosten werden viele soziale Leistungen finanziert, die den Arbeitnehmer:innen zugutekommen Diese Beiträge dienen zur Pensionsfinanzierung, fließen in das Gesundheitssystem oder kommen über die Familienbeihilfen den Familien zugute.

Sinkende Kaufkraft verstärkt wirtschaftliche Probleme

Lohnzurückhaltung rettet keinen Betrieb und schon gar nicht die Volkswirtschaft. Im Gegenteil, ein Sinken der Kaufkraft und damit der Nachfrage würde die wirtschaftlichen Probleme noch verstärken. Allein im Handel geht es um eine Gehaltserhöhung für fast eine halbe Million Menschen. Die Beschäftigten können sich einen Gehaltsverzicht schlicht und einfach nicht leisten. Hier geht es neben der Bewältigung des individuellen Lebens auch um die Erhaltung der Kaufkraft Hunderttausender. Gerade die Unternehmen im Handel selbst müssen ein großes Interesse daran haben, dass die Konsumnachfrage nicht einbricht.

Positive Stimmung, die viele Vertreter der Politik jetzt einfordern, ist tatsächlich wichtig, diese erzeugt man aber nicht durch Appelle, sondern durch konkrete spürbare Maßnahmen, die bei den Menschen ankommen. Ausgerechnet jetzt jene Bevölkerungsgruppe zu bestrafen, die durch ihre Arbeit die Wirtschaft am Laufen hält, wäre der falsche Weg. Wir verzichten nicht!

Verhandlungs-Termine:

Metallindustrie: 200.000 Beschäftigte
Abschluss 2022: Plus 5,4 % plus ein monatlicher Fixbetrag von 75 Euro, ergibt durchschnittlich 7,44 % bis zu 8,9 %
Verhandlungsstart: 25.9.2023

Handel: ca. 430.000 Angestellte
Abschluss für 2022: Plus 7 % und mindestens 145 Euro, das sind bis zu 8,67 %
Verhandlungsstart: 24.10.2023

Sozialwirtschaft:  130.000 Beschäftigte
Abschluss 2022: Plus 8 %, mindestens um 175 Euro. Bis zu 10,2 %.
Verhandlungsstart: 3.10.2023 mit der Forderungsübergabe

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