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„Und was verdienst du so?“ – Der Plan der EU für mehr Lohn-transparenz

 

DANIEL GÜRTLER Daniel Gürtler ist Pressesprecher von Barbara Teiber und bereitet im Büro der GPA-Bundesvorsitzenden politische Themen auf. 

MANUEL STOLZ ist Experte für internationale (Gewerkschafts-)Politik in der Gewerkschaft GPA. Er beschäftigt sich mit der Analyse von Themen aus dem Kontext der Europäischen Union und darüber hinaus. 

Noch immer verdienen Frauen wesentlich weniger als ihre männlichen Kollegen -auch bei gleicher Tätigkeit. Der sogenannte Gender Pay Gap, also der Unterschied zwischen Frauen- und Männergehältern liegt in der EU bei etwa 14 Prozent, in Österreich sogar bei 18,5 Prozent. Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, dieser Ungerechtigkeit ein Ende zu setzen.

Bereits bei ihrem Amtsantritt Ende 2019 hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen angekündigt, Maßnahmen gegen den Gender Pay Gap setzen zu wollen. Im März 2021 wurde erstmals ein entsprechender Vorschlag der Europäischen Kommission vorgelegt. Die Idee ist denkbar einfach: Wenn die Gehälter in einem Unternehmen bekannt sind, dann ist es schwieriger, Frauen strukturell zu benachteiligen. Die Gewerkschafterin Evelyn Regner, die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments ist, hat sich diesem Entwurf angenommen und bearbeitet ihn für ihre Fraktion.

Was soll passieren?

Der Entwurf einer Lohntransparenz-Richtlinie setzt bereits bei der Arbeitssuche an: Die Verdienstmöglichkeiten sollen im Zuge der Einstellung offengelegt werden. Auch ist ein Auskunftsrecht vorgesehen: Beschäftigte sollen Zugang zu Informationen über individuelle, durchschnittliche und geschlechterspezifische Einkommen im Unternehmen bekommen. Unternehmen mit mehr als 250 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sollen darüber hinaus Informationen über Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern veröffentlichen müssen. Wenn ohne objektivem Grund eine Ungleichheit von fünf Prozent oder mehr besteht, muss die Situation gemeinsam mit VertreterInnen der ArbeitnehmerInnen bewertet werden.

Auch juristisch soll den Betroffenen geholfen werden. Wird Geld aufgrund des Geschlechts vorenthalten, dann muss eine Entschädigung gezahlt beziehungsweise der fehlende Bestandteil vollständig nachbezahlt werden. Die Beweislast liegt laut Entwurf auf Seiten des Unternehmens. Der Betrieb muss nachweisen, dass keine Gehaltsdiskriminierung vorliegt. Zu den Sanktionen sollen auch Geldstrafen zählen. Geregelt werden soll auch, dass Gleichbehandlungsstellen und Vertretungen von ArbeitnehmerInnen im Namen von Beschäftigten juristisch tätig werden können und Sammelklagen initiieren können.

Bringt das was?

Deine Gewerkschaft GPA hat sich den Entwurf genau angesehen. Positiv zu bewerten ist, dass die Beweislast künftig beim Unternehmen liegen soll. Auch die Möglichkeit von Sammelklagen ist zu begrüßen, weil damit das individuelle Risiko der einzelnen Beschäftigten sinkt. Problematisch ist, dass an vielen Stellen schwammige Formulierungen vorliegen und vieles unkonkret bleibt. Hier wäre die österreichische Regierung gefordert, bei der Umsetzung in nationales Recht einen konkreteren Text vorzulegen.

Auch werden nur „Vertretungen“ von ArbeitnehmerInnen genannt. Hier würden wir uns die explizite Erwähnung von Gewerkschaften wünschen, um Uneinigkeiten bei der Interpretation zuvorzukommen. Außerdem greift aus Sicht deiner Gewerkschaft GPA die Offenlegungsmaßname zu kurz, weil sie nur Unternehmen ab 250 Beschäftigten betrifft. Zwei Drittel der Beschäftigten in der EU arbeiten in kleineren Unternehmen und sind damit nicht betroffen.

Was passiert jetzt?

Das EU-Parlament hat Anfang April für einen Start der Verhandlungen mit den EU-Mitgliedsstaaten gestimmt. Diese müssen ihre Zustimmung geben. Es hat sich allerdings bereits gezeigt, dass eine Allianz aus konservativen und rechten Abgeordneten versucht hat, den Start zu blockieren. Der Widerstand der Unternehmen und ihrer Lobbys ist groß. Es bleibt also abzuwarten, ob aus dem Versuch, Verbesserungen bei der Bezahlung von Frauen herbeizuführen, auch Realität wird.

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